
Während Floorball in Deutschland stetig wächst, denkt ein junger Brandenburger längst über die Landesgrenzen hinaus: Jakob Bleek aus Kleinmachnow engagiert sich derzeit im Rahmen eines internationalen Freiwilligendienstes in Sambia – und bringt dort Floorball aufs Spielfeld. Mit viel Eigeninitiative, Kreativität und Unterstützung aus der Heimat hat er es geschafft, ein bislang völlig unbekanntes Sportangebot in Bewegung zu setzen.
Wir haben mit Jakob gesprochen – über die Anfänge seines Projekts, große Herausforderungen, begeisterte Jugendliche und seine Vision für die kommenden Monate.
1. Hallo Jakob, wir sind sehr erfreut über dein Projekt und habe ein paar Fragen mitgebracht! Aber erstmal: Wie geht es Dir?
Mir geht’s mittlerweile richtig gut. Ich habe am Anfang echt mit dem Leben in Sambia gefremdelt und hatte Schwierigkeiten hier richtig anzukommen. Jetzt bin ich schon 6 Monate hier und habe mich an vieles gewöhnt.
Als ich letzte Woche aus Südafrika zurückgekommen bin, konnte ich mir mein Lächeln nicht verkneifen, als ich die sambische Grenzbeamte gesehen hatte, vor der ich bei der ersten Einreise so viel Angst hatte. Sambia ist echt zu einem zweiten zu Hause geworden.
2. Wie bist du darauf gekommen, Floorball ausgerechnet in Sambia bekannt zu machen?
Ich muss vielleicht erstmal erklären, was ich hier mache. Das ganze nennt sich internationaler Freiwilligendienst und wird durch das Programm “weltwärts” finanziert. Unter diesem Programm gehen jährlich ungefähr 3.500 junge Menschen in die verschiedensten Länder, und arbeiten in sozialen Projekten mit.
Ich bin beispielsweise Sportfreiwilliger. Meine Entsendeorganisation, der ASC Göttingen, hat mit mir also sowohl das Land, als auch die Projekte ausgesucht. Vormittags arbeite ich hier in zwei Grundschulen und mache Sport mit den Kindern. Nachmittags dürfen wir uns ein Herzensprojekt aussuchen. Bei mir ist das Floorball. Als ich gelesen habe, dass es bereits einen Africa Floorball Cup gibt und bereits in mehr als zehn afrikanischen Staaten an der Entwicklung von Floorball gearbeitet wird, wusste ich, dass ich das auch in Sambia schaffen kann.
3. Welche Schritte bist du bis jetzt gegangen?
Erstmal habe ich die Idee mit verschiedenen Organisationen und Personen hier in Sambia besprochen, um mir eine grundsätzliche Einschätzung zu holen. Alle fanden die Idee super und haben gesagt, dass wir das schaffen können.
Danach stand ich direkt vor der ersten Hürde: Das Equipment. Bis vor wenigen Wochen gab es in Sambia keine Schläger oder Floorbälle, die man für ein Training hätte nutzen können.
Ich habe bereits in meiner Vorbereitungszeit in Deutschland Spenden für mein Projekt in Sambia gesammelt. Damals war mir aber noch nicht klar, dass es Floorball wird. Mit diesen Spenden habe ich jetzt sozusagen “an die Türen von Floorballshops in Europa geklopft” und gefragt, ob sie sich vorstellen könnten, mir Schläger und Bälle nach Sambia zu schicken. Nach einigen Monaten hatte ich mit “floorballshop.com” einen Deal und die Schläger gingen auf die Reise hierher. 17 Schläger und 30 Floorbälle – mehr gibt es in Sambia bis jetzt nicht.
Ich habe außerdem mit “Floorball Deutschland” kontakt aufgenommen. Dadurch haben wir jetzt zwei komplette Trikotsets der Nationalmannschaft von 2016. Das ist schon ziemlich cool.

Aktuell befinden sich nochmal 13 gebrauchte Schläger und 15 Floorbälle auf dem Weg hierher, die von meiner alten Floorballmannschaft “Zehlendorf88” gespendet wurden.
4. Welche Erfahrungen aus deiner Zeit als Spieler, Schiedsrichter und Kapitän werden besonders wichtig sein, ein so ambitioniertes Projekt in einem neuen Land aufzubauen?
Na ja, meine aktive Zeit als Spieler ist jetzt auch schon gute fünf Jahre her. In den letzten Jahren habe ich nur noch unregelmäßig in einer Freizeitmannschaft abends gespielt. Deswegen habe ich mir vor ein paar Wochen das Regelwerk nochmal komplett durchgelesen. An die lustigen Zeichnungen kann ich mich sogar noch gut erinnern.
Aber natürlich bleiben auch bestimmte Dinge. Ein Blick für das Spielfeld und der Aufbau eines guten Floorballtrainings sind jetzt nichts Neues für mich. Auch die Spieler als Team zusammenzubringen und zu motivieren durfte ich schon früh lernen und helfen mir heute dabei, die Kinder und Jugendlichen für Floorball zu begeistern.
Gleichzeitig war ich in den letzten Jahren auch viel in der Kinder- und Jugendbeteiligung aktiv und habe so schon einige Erfahrungen, wie man mit jungen Menschen arbeitet und Projekte voranbringt.
5. Wie reagieren die Jugendlichen in Sambia auf solche Projekte?
In den letzten Monaten habe ich erlebt, wie unglaublich sportbegeistert und talentiert die Jugendlichen in Sambia sind. In jedem Dorf gibt es mindestens einen Fußball, oft aus alten Plastikresten zusammengebaut. Es ist total leicht junge Menschen für Sport zu begeistern und oft wird mit so einem Ehrgeiz trainiert, dass man total schnell Fortschritte sehen kann. Das habe ich hier jetzt schon in den ersten Floorballtrainings genau so erlebt.
Sport ist hier nicht nur ein Zeitvertreib, sondern für viele auch die Chance zu reisen und die Welt zu sehen.
6. Was macht das Olympic Youth Development Center in Lusaka zu einem geeigneten Ort, um Floorball zu etablieren?
Was ich richtig am OYDC mag, ist, dass es kostenlos ist und jeder Zugang hat. Das Center ist eine riesige Anlage mit 2 Sporthallen und verschieden Sportplätzen. Hier kann man ungefähr 12 Sportarten trainieren. Einfach zur Trainingszeit vorbeischauen und mitmachen. Keine Anmeldung, keine Gebühren. Unkomplizierter geht es nicht.
Gleichzeitig bietet es gute Infrastruktur. Es gibt einen Materialwart, eine Abteilung für Öffentlichkeitsarbeit und ein Management, das sehr gut mit relevanten Akteuren in der Sportszene vernetzt ist. Gleichzeitig ist es natürlich optimal gelegen. In Lusaka, der Hauptstadt von Sambia, gibt es viele relevante Akteure und gute Sportanlagen.
7. Welche Herausforderungen hast du bei der Einführung von Floorball in Sambia bisher erlebt?
In Sambia dreht sich die Welt ein bisschen langsamer als in Deutschland. Viele Sachen werden anders gehandhabt, da muss man sich erstmal dran gewöhnen. Es hat mich alleine einen Monat gekostet, eine zollfreie Lieferadresse für die Schläger zu finden. Als die Schläger dann endlich hier waren, stellte sich heraus, dass die Post von sich aus die Schläger gar nicht zustellt, sondern man das Paket im Postzentrum abholen muss. Bis ich das organisieren konnte, waren wieder zwei Wochen vergangen. Logistisch ist das ganze also eine riesige Challenge.
Eine Sache, die hier aber bestimmt keine Herausforderung ist, ist die Freundlichkeit der Menschen. In Sambia genießt man als weiße Person viele unsichtbare Privilegien, die ich versuche, dem Erfolg von Floorball zukommen zu lassen.
9. Was sind deine nächsten Ziele für das Projekt, und wie sieht dein Plan für die kommenden Monate aus?
Letzten Freitag hat die offizielle Übergabe der Schläger stattgefunden. Das heißt, es geht jetzt richtig los. Ich will zuerst ein Training pro Woche am OYDC anbieten, bis es genug Spieler zu viele für die Anzahl der Schläger sind. Danach unterteile ich in verschiedene Altersgruppen. Das Training werde ich in den verschiedenen Schulen in der Nähe bewerben. Ich habe jetzt schon knapp zwanzig floorballbegeisterte Jugendliche aus allen Altersgruppen und bin mir sicher, dass es bald mindestens doppelt so viele sein werden.
Gleichzeitig will ich mit Special Olympics Zambia anfangen, eine Mannschaft aufzubauen.
Bis jetzt haben wir noch keine Floorballtore, geschweige denn eine Torwartausrüstung. In den letzten vier Monaten meines Freiwilligendienstes möchte ich versuchen, diese beiden Sachen zu organisieren.
Drei Wochen vor meinem Abflug will ich außerdem ein Sommerferiencamp veranstalten. Dieses soll sich sowohl an Spieler als auch zukünftige Trainer richten. Danach übergebe ich das Projekt in die Hände meiner Nachfreiwilligen und an OYDC.
10. Was können Menschen, die dein Projekt unterstützen möchten, konkret tun – sei es vor Ort oder von Deutschland aus?
Da es in Sambia wirklich noch nichts gibt außer 17 Schläger und 30 Floorbälle, können wir jede Unterstützung gebrauchen. Alte Schläger und Bälle sowie Trainingsequipment sind super – aber sie sind auch wieder eine große finanzielle Herausforderung, weil das alles ja nach Sambia verschickt werden muss. Die Schweizer Organisation Floorball4All bietet Startersets für Entwicklungsländer an – für umgerechnet 315 €. Da sind 18 Stöcke mit gerader Schaufel, 18 Ersatzschaufeln, 30 Bälle, 2 Helme, 2 Paar Knieschoner, 20 Hütchen, 20 Überzieher, ein Schraubenzieher, Ersatzschrauben und ein Schiedsrichterdress dabei. Ein super Angebot für den Preis!
Leider sind meine bisherigen Spendenmittel bereits aufgebraucht. Ich habe aber ein GoFundMe erstellt, in dem ich das Projekt nochmal kurz erkläre und auch ein paar konkrete Kostenpunkte aufführe. Jede Unterstützung dort bringt Floorball in Sambia auf das nächste Level. Ihr findet die Aktion direkt unter diesem Link: https://gofund.me/50769bb4
Sonst teilt das Projekt doch gerne auch in eurem Verein und mit euren Freunden – und wenn ihr sowieso mal im südlichen Afrika unterwegs sein solltet, besucht uns auch gerne!

Danke für das Interview Jakob! Wir wünschen Dir noch viel Erfolg für dein tolles Projekt und hoffen, dass du weiterhin auf viel Unterstützung triffst.