Digitalisierung ist nicht wegzudenken aus den Zukunftsdiskussionen aller Lebensbereiche. Das hat nicht immer nur damit zu tun Computer oder Tablets zu nutzen, sondern auch mit dem Mindset, der gewohnten Denkweise. Lässt man sich darauf ein, entstehen unglaublich viele neue Möglichkeiten – auch in der Verbands- und Vereinsarbeit.
Ein großes Problem kann man fast immer in ganz viele kleine Probleme zerlegen – das ist eine wichtige Erkenntnis des Computational Thinking, also dem informatischen Denken. Genau diese Problemlösungsstrategie hat Einzug in die Arbeitsphilosophie des Floorball Verbands Berlin-Brandenburg e.V. gehalten: Viele kleine Arbeiten werden auf viele Schultern verteilt. Und dann wird “agil” gearbeitet – wieder so ein Konzept aus der Welt der Informatik. Langfristig stärkt das jedoch den Verband und stellt ihn breit auf. Wie das funktioniert, erfragt Friedrich Piethe, FSJler des FVBB, im Gespräch.
Friedrich Piethe: Hallo Addi, dieses Jahr kommen insgesamt drei neue Mitarbeiter:innen in den Verband. Was ist der Gedanke hinter diesem enormen Ausbau?
Adrian Mühle: Die Idee dahinter ist eigentlich recht simpel: Wir wollen viel Hände im Verband haben, die uns bei der Entwicklung helfen. Wir bauen auf viele Leute, um unabhängiger zu werden. Nichts ist schlimmer, als wenn du dein Konstrukt auf eine Person ausrichtest und diese durch Krankheit oder Überlastung wegbricht. Es ist immer besser, wenn man im Team ist. Das heißt: Wir brauchen Leute, die sich gegenseitig unterstützen können. Deswegen haben wir viele Angestellte mit kleinen Verpflichtungen anstatt weniger mit großen.
Was sind die langfristigen Ziele, die der Verband mit den neuen Mitarbeiter:innen erreichen will?
Langfristig ist Stabilität unser erster Gedanke. Wir wollen ein Konstrukt entwickeln, das nicht nur über ein Jahr, sondern über Jahre funktioniert. Gerade bei der Verpflichtung der Student:innen ist das der Fall. Wir haben jetzt zwei Jahre hintereinander Studierende aufgenommen. Es liegt also sehr nahe, dass wir im nächsten Jahr auch wieder eine:n dritte:n Student:in dazu holen. Wir versuchen die Personalpolitik so zu denken, dass wir unsere langfristigen Ziele, sprich kontinuierliche Entwicklung, sicherstellen können.
Was genau ist unter Agilität zu verstehen und warum verfolgt der Verband dieses Konzept?
Das besondere an Agilität ist die maximale Freiheit. Der/die Product Owner:in (Projektverantwortliche:r) sagt nur noch, was zu tun ist. Wie es zu tun ist, liegt immer in der Hand derjenigen, die diese Aufgabe ausführen. Wir setzen dabei auf die Leidenschaft der Mitarbeiter:innen. Das ist ein riesiger Gewinn, da sich dadurch ganz andere Synergien ergeben. Kurz gesagt: Agilität ist maximale Flexibilität im Job.
Nun ist Agilität ein Konzept, das nicht alle kennen. Wie vermittelt man dieses Konzept Mitarbeiter:innen, die bisher nicht agil gearbeitet haben?
Das ist eine Mindset-Geschichte. Manche Leute nehmen das schnell an, andere langsamer. Ihnen muss man die Möglichkeiten aufzeigen. Das hat viel mit Schulung zu tun, dem Arbeiten mit Beispielen und dem Lernen voneinander. Dafür brauchst du eine:n Coach, der/die dafür sorgt, dass das Team ausreichend ausgebildet ist. Wichtig ist auch vor allem das richtige Arbeitsumfeld.
Noch eine Frage zu Dir: Du arbeitest nicht hauptberuflich für den FVBB. Wächst dann nicht mit jeder/jedem Mitarbeiter:in die Verantwortung? Wie schaffst Du es, dass es Dir nicht zu viel wird?
Dahinter steckt eine Philosophie. Nach außen sieht es so aus, als nähme ich ganz viele Sachen auf mich, um Dinge zu entwickeln. Das ist aktuell auch richtig, aber mithilfe der Agilität entstehen nun ganz neue Möglichkeiten. Früher war es so: E-Mails sind reingekommen „dies und das ist zu machen“ und ich habe mich dann hingesetzt und die Dinge bearbeitet. Seit mittlerweile zwei Jahren wendet sich das Blatt. Ich nehme jetzt die Dinge die reinkommen und werfe sie mit einer gewissen Priorisierung in unser Office-Team. Das Team entscheidet dann, wer welches Thema übernimmt. Man mag es nicht glauben, aber jetzt entstehen tatsächlich mehr Freiräume für mich. Ich habe mehr Zeit für meine Familie gewonnen, weil ich weniger Dinge selber mache, weil ich mich auf mein Team verlassen kann. Wenn das Team sich verbessert, entlastet es mich am Ende. Aktuell sehe ich diesen Wandel, sodass ich mehr Freiräume bekomme, um mich individuell mit Leuten zu beschäftigen.
Vielen Dank, dass du dir die Zeit genommen hast.
Das Interview führte Friedrich Piethe.
Titelfoto: Elke Scholz
Weiterbildung zum Thema?
Adrian Mühle berichtet von den Erfahrungen in der Verbandsarbeit beim Symposium zur Sportentwicklung 2020 am 28.11.20: Sport.Verein.Zukunft:Digitalisierung